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Die Geschichte des Fechtens in Tübingen

Die Vereinsgeschichte aus der 10-Jahresschrift:

1983 -- Vereinsgründung

Am 03.12.1983, einem regnerischen Dezemberabend, trafen sich sieben, mit Florett, Degen und Säbel bewaffnete, dunkle Gestalten in einem Haus im Tübinger Vorort Weilheim. Ihr Ansinnen: Gründung einer "bewaffneten" Vereinigung. Schon über das ganze Jahr hinweg hatten Gespräche und sonstige Vorbereitungen stattgefunden. Eine der am intensivsten diskutierten Fragen war dabei der Name des Vereins -- man wollte sich ja von anderen, ebenfalls fechtenden (man sagt wohl besser schlagenden) Vereinigungen der Stadt deutlich unterscheiden. Gleichzeitig sollte zum Ausdruck kommen, dass der eigentliche Ursprung des Vereins in der Sportfechter-Gruppe des Hochschulsports der Uni zu finden war und die guten Beziehungen weiterhin aufrecht erhalten werden sollten. Jetzt, an diesem Abend, war der Griff zu den Fechtwaffen endlich greifbar nah. Nachdem man sich mit einer Flasche badischem Wein (natürlich aus Tauberbischofsheim) etwas Mut angetrunken hatte, wurde es ernst. Die sieben Gründungsmitglieder setzten ihre Unterschriften unter die vorbereitete Satzung des Vereins und wählten den ersten Vorstand: Rainer Deubel (Vorsitzender), Hildegard Kienzle-Pfeilsticker (Pressereferentin mit dem Pressekürzel hiki), Ulrich Pfeilsticker ("Mogga" Schriftführer) sowie die inzwischen ausgeschiedenen Gert Krabichler (stellvertretender Vorsitzender), Cornelia Maier-Deubel (Schatzmeisterin), Mathias Gläser und Martina Löcker-Gläser. In §1 der Satzung der zum Programm gewordene Name "Tübinger Sportfechter". Die im Württembergischen Fechterbund (WFB) zusammengeschlossenen Fechtclubs hatten einen neuen Konkurrenten, den sie freilich (zunächst!) nicht zu fürchten hatten.

Autor: Redaktion

 

Die Anfänge

Schon im ausgehenden Mittelalter wurde in Tübingen gefochten. Man besuchte sogar Turniere, die natürlich in anderer Form als heute durchgeführt wurden. Feste Strukturen existierten jedoch noch nicht. 1589 kann man wohl als das Startjahr des "organisierten" Fechtens in Tübingen bezeichnen. In diesem Jahr wurde die erste deutsche "Ritterakademie für Höflinge", das sog. "Collegium illustre", gegründet und im Wilhelmsstift untergebracht, die in den ersten 15 Jahren ihres Bestehens auch Bürgerliche aufnahm. Die Ausbildung hier umfasste als einen ihrer wichtigsten Punkte das Fechten - damals noch mit scharfer Klinge. Schon in dieser Zeit gab es übrigens auch in Tübingen nebenberufliche Fechtmeister, wie z.B. Mitte des 16. Jahrhunderts Dr. med. Quirinus Richkemer oder um 1611 den Buchbinder Georg Wild.


Verbindungen

Eine andere Form des Fechtens wird ebenfalls schon seit langer Zeit in Tübingen ausgeübt. Wie vor über 100 Jahren wird auch heute noch in einigen Verbindungen zunächst der Umgang mit einem stumpfen Schläger in der sogenannten Paukstunde geübt. Mit den heutigen Sportfechten hat das Schlagen in den Corporationen allerdings kaum etwas zu tun. Denn der jeweilige Paukant steht dann, in der sogenannten "Mensur", mit scharfer Waffe einem aus einer anderen Verbindung gegenüber, um seine Mannhaftigkeit und damit die der eigenen Corporation zu beweisen. Man steht sich auf Hiebweite gegenüber und versucht die Deckung des Konkurrenten zu durchbrechen. Ausgewichen werden darf dabei nicht, dies wird als feiges "Mucken" betrachtet. Trefferfläche ist zumeist nur der Kopf, wobei Augen (evtl. Ohren) und der Hals besonders geschützt sind. Man kann ab und zu Studenten mit den Narben einer solchen Mensur, dem "Schmiss", in Tübingen und anderen traditionellen Studentenstädten finden, was zeigt, dass diese "Disziplin" auch heute durchaus noch Anhänger findet.

Aber wie gesagt: Sportfechten ist etwas anderes, so wie zum Beispiel das . . .


Fechten an der Universität

1820 wird von der Universität ein Fechtsaal im Pfleghof eingerichtet. In diesem Saal wird mit Unterbrechungen bis in den 2. Weltkrieg hinein, etwa im Jahre 1940 gefochten.

Die Universität bietet hier von Beginn an regelmässig Fechtkurse an, die bei den Studenten reges Interesse finden, was sich ja bis heute erhalten hat. Anders als heute bestehen jedoch praktisch über den ganzen Tag hinweg Trainingsmöglichkeiten. Nach dem 1. Weltkrieg, in dem der Fechtsaal als Militärquartier und Lazarett diente, geht der Fechtbetrieb mit 212 eingetragenen Fechtern (davon immerhin 2 Frauen) Weiter. Die Uni hält sich in dieser Zeit mehrere Fechtmeister, u.a. 0. Bader, Ph. Klebes, A. Nussbaumer und H. Rast.

Es müssen "paradiesische" Zustände geherrscht haben, was die Zahl der Trainer betrifft: Im Jahr 1932 beklagt sich Hans Rast als Vorsitzender des in Tübingen ansässigen "Vereins Deutscher Fechtmeister 1884 e.V." (diesen Verein gab es bis 1933) bei Oberbürgermeister Scheef, dass es zu viele (!) Fechtmeister in Tübingen gebe und dieser solle doch die Eröffnung von neuen Fechtinstituten stoppen. Kaum zu fassen! Das dachte sich wohl auch der OB und lehnte ab.

In den 30er Jahren wurde das sog. "Fecht-Institut" dem "Institut für Leibesübungen" angeschlossen. Die Fechter besuchten die ersten Turniere und erreichten die ersten nationalen Erfolge Tübinger Fechter überhaupt:

Auf den Deutschen Hochschulmeisterschaften 1926 in Halle wurde Josef Riszanek im Säbel 8. und auf dem gleichen Turnier 1938 in Greifswald wurde der Fechter Dopfer im Degen Deutscher Hochschulmeister und im Florett 3. Auch Hans Rast kam zu Ehren: Auf dem Turnier der Berufsfechtmeister 1931 in Dresden belegte er den 5. Platz.


Vereinssport

Im Jahr 1911 wurden der Deutsche Fechter Bund und der Württembergische Fechterbund gegründet. Schon vorher (ab 1862), grösstenteils aber danach bildeten sich in Deutschland nach und nach Fechtabteilungen und -vereine, die sich dem Sportfechten verschrieben hatten. Zunächst wurde dabei noch mit fester Mensur gefochten! Die bewegliche Mensur, wie wir sie heute fechten, wurde erst ab 1888 nach und nach eingeführt.

Die starke Prägung durch die Uni wirkte sich in Tübingen auch im Fechtsport aus. An die Gründung eines Vereins oder einer Abteilung wurde nur wenig gedacht, da das Fechten an der Uni und in den Verbindungen sozusagen unter akademischer Quarantäne stand.

Erst 1926 gab es bei der TG Tübingen (die heutige TSG) erste Überlegungen, eine Fechtabteilung ins Leben zu rufen. Diese Idee wurde insbesondere vom damaligen Kreisfechtwart Eberle aus Schramberg und auch von den Uni-Fechtlehrern, die wohl auf eine neue Einnahmequelle hofften, gefördert. Doch bei der TG hatte man vor allem finanzielle Bedenken, so dass die Frage einer Ateilungsgründung auf vielen Turnratssitzungen zerredet und immer wieder aufgeschoben wurde. Aus den Protokollen dieser Sitzungen ergibt sich auch, dass man gegen die damals in Tübingen befindlichen Uni-Fechtlehrer Bader und Klebes politische Bedenken hatte: Es seien "gewisse Strömungen" bemerkbar - wahrscheinlich waren sie zu liberal eingestellt. Dennoch wird auf der Turnratssitzung vom 24.01.1927 die "Ausschreibung" einer Fechtabteilung beschlossen. Die tatsächliche Gründung erfolgt jedoch erst 1930/31.

In der TSG-Festschrift aus dem Jahre 1955 wird von einer Glanzzeit dieser Fechtabteilung vor dem Kriege gesprochen, weil alle Gau- und Kreisturniere besucht wurden und die Abteilung bis zu 40 Mitglieder hatte. Doch zu einer echten Blüte in der TG/TSG Tübingen ist es in dem ansonsten fast reinen Turn- und Ballsportverein nie gekommen. Anfang der 60er Jahre verliert sich die Spur der Fechtabteilung. Sie wurde aufgelöst. Erst 1983 ging es in Tübingen mit dem Vereinsfechten weiter.

Autor: Dr. Beatrice Frank

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